Nächste Etappe…

Juni 28, 2019 8 Von andi

22. Juni 2019:

Nachdem wir einen Hafentag in Rönne verbracht hatten, zog es uns weiter. Rönne ist nicht sonderlich attraktiv. Der einzige Vorteil ist, dass man alle Versorgungsmöglichkeiten dicht bei hat. Viel weiter, als bis zum Supermarkt sind wir dann auch nicht gekommen. Ich muss ja gestehen, dass wir eher Kulturbanausen sind. Museen oder Kirchen stehen nicht so weit oben auf unserer Beschäftigungsskala.

Wir wollten auf jeden Fall zu den Erbseninseln, dort aber erst am 23. Juni sein. Denn dann wird in ganz Dänemark das Sankt-Hans-Aften Fest gefeiert. Dieses Fest wird seit dem 12. Jahundert zu Ehren von Johannes dem Täufer gefeiert und es werden überall Feuer angezündet. Es steht auch eng im Zusammenhang mit der Sommersonnenwende. Daher werden diese Feuer häufig als Sonnenwendfeuer bezeichnet.

Na ja, doch ein bisschen Kultur. Jedenfalls sind wir von Rönne aus um die Nordspitze Bornholms nach Allinge gesegelt. Bei traumhaften Bedingungen übrigens. Allinge liegt nur 13 sm westlich von den Erbseninseln und sollte unser Absprunghafen werden. Der kleine Hafen liegt direkt in der Stadt und bietet Platz für vielleicht 20 Boote. Schon als wir auf die Hafeneinfahrt zugefahren sind, haben wir gesehen, dass dieses Städtchen total niedlich ist. Aber ist noch viel schöner und hübscher, als es auf den ersten Blick erscheint, wenn man erst mal festgemacht hat. Was soll ich es groß beschreiben, die Bilder sprechen für sich. Ich kann es nur jedem an’s Herz legen, Allinge zu besuchen.

Wir hatten einen sehr schönen und entspannten Abend, bei dem unser Tischgrill mal wieder zum Einsatz kam.

23. Juni 2019:

Da es ja nur 13 sm zu den Erbseninseln sind, haben wir den Morgen mal ganz ruhig angehen lassen. Wir hatten ja Zeit genug. Eigentlich wollten wir in Allinge noch Diesel bunkern. Im Hafenführer steht auch, dass es dort eine Tankstelle gibt. Aber Pustekuchen. Auf Nachfrage beim Hafenmeister bekam ich die Auskunft, dass es dort keine Tankstelle gibt. Sondern erst im Nachbarort Tejn. 2 sm weiter südlich. Also haben wir gegen 1300 die Leinen losgeworfen und sind kurz nach Tejn gefahren, um zu tanken.

Der Wind kam aus E und war auch eher schwächlich. Laut Vorhersage sollte er im Verlauf des Nachmittags ganz einschlafen. Wir haben trotzdem die Segel gesetzt und sind bei strahlendem Sonnenschein an die Kreuz gegangen. Zunächst waren wir noch mit 4-5 kn unterwegs. Aber nach einer Stunde fing der Wind dann wirklich an, zu schwächeln. Als wir nur noch mit unter 2 kn – Tendenz weiter abnehmend – unterwegs waren, musste dann doch der Dieselwind her. Kurze Zeit später war dann tatsächlich komplett Feierabend mit Wind. Gegen 1600 sind wir dann in Christiansö eingelaufen. Viel Platz ist dort nicht. Wir sind dann bei einem Norweger in’s Päckchen gegangen. Ein sehr nettes älteres Ehepaar. Er sprach uns gleich mal auf Deutsch an. Auf Nachfrage, warum er denn so gut Deutsch spreche, erklärte er, dass er 10 Jahre in Innsbruck gelebt hätte. Als Rentner würden er und seine Frau im Sommer segeln und im Winter Ski laufen. Auch nicht schlecht habe ich gedacht.

Nach dem Anlegebier legte vor uns eine Yacht mit vier Kerlen aus Seedorf an. Hatten aber keine Nationale am Heck. Ich bin dann mal bei uns zum Bug gegangen und habe die Jungs gefragt, wo denn bitte schön Seedorf sei? Rügen, kam als Antwort. Und warum sie denn keine Nationale führen würden? Verloren kam als Antwort. Na gut, dachte ich. Die Jungs sind wohl nicht so richtig gesprächig. Aber das sollte sich später noch als Irrtum herausstellen.

Wir sind dann erst mal an Land und haben uns das kleine Eiland angesehen. Wir kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Allinge war schon super schön. Aber die Erbseninseln sind nicht mehr zu übertreffen. Es ist so urig und pitoresk dort, dass man glaubt, hier sei die Zeit seit hunderten von Jahren stehen geblieben. Aber auch hier sprechen die Bilder für sich.

Um 2300 werden dann die Feuer angezündet. Auf dem Weg zur Feuerstelle sind wir am Gästehaus vorbei gekommen. Dort war ab 1930 zum Tanz geladen. Das hatte uns noch der freundliche Hafenmeister bei unserer Ankunft mitgeteilt. Es war jedoch nicht so ganz unser Musikstil. Allerdings trafen wir dort einen der Jungs von der Yacht aus Seedorf. Den Typ natürlich erst mal angequatscht und siehe da, er konnte reden. Sein Kumpel würde gerade Bier holen. Der kam dann mit zwei Bieren wieder und ich fragte ihn, was sie denn trinken wollen? Hat er sofort verstanden, hat auf dem Absatz kehrt gemacht und noch zwei Bier gekauft.

Wir sind dann mit den beiden zur Feuerstelle gegangen und es wurde noch puppenlustig. Das Feuer war dann irgendwann eher Nebensache und so endete der Abend doch noch feuchtfröhlich bei einem super schönen Abendhimmel.

24. Juni 2019

Am nächsten – eher späten Morgen – saß ich im Cockpit in der Sonne beim Kaffee, als unser Nachbar, der Norweger mich ansprach, dass sie um 1100 auslaufen wollen. Das war in 30 Minuten. Ich habe dann flux Birte geweckt, die immer noch den Schlaf der Gerechten schlief. Und habe mir gleich mal Unmut eingefangen. Allerdings wehte der Wind, entgegen der Vorhersage, perfekt, um nach Utklippan zu segeln. Unserem nächsten Ziel. Also musste sie hoch.

Ich fragte dann noch den Norweger, welches Ziel sie heute hätten? Antwort: Utklippan! Perfekt. Sofort umgeschaltet in den Regattamodus. Denn der Norweger hat eine Elan 40 und mit der kann ich es eigentlich nicht aufnehmen. Aber gut, ich liebe solche Herrausforderungen. Um 1105 haben wir abgelegt und der Norweger gleich danach. Wir haben Segel gesetzt – der Wind war perfekt – und der Norweger 5 min nach uns. Es war sooo schönes Segeln. Kaum Welle, 8 – 9 kn Wind aus – scheinbar – 55 – 60 Grad und Charisma lief, wie am Schnürchen. Das sind ja genau die Bedingungen, die sie liebt. Und wir haben dem Norweger auf den 42 sm bis nach Utklippan tatsächlich über eine halbe Stunde abgenommen. Wir waren stolz, wie Bolle.

Utklippan ist eine sehr kleine Insel in der südschwedischen Inselwelt. Oder besser gesagt zwei. Denn sie sind getrennt durch ein kleines Hafenbecken. Und es ist die erste Insel, wenn man von Süden kommt. Dort gibt es nicht viel. Ein Leuchturm, einen Leuchtturmwärter – oder besser gesagt, Hafenmeister, der mit seiner Frau und zwei Hunden seit 3 Jahren dort lebt – und gut. Ein kleines Hafenbecken mit Plumpsklo und drei Ruderbooten, mit denen man zwischen den Inseln verkehren kann. Der Hafenmeister kam dann mit seinem Boot bei uns längsseits, um das Hafengeld zu kassieren. Erstaunlicherweise sprach er uns auf perfektem Deutsch an. Das würde daher kommen, dass er immer schwedische Krimis im deutschen Fernsehen gucken würde.  Er hatte anscheinend Sabbelwasser getrunken. Denn wir wurden ihn gar nicht mehr los. Allerdings war er total nett – wie eigentlich alle Skandinavier – und uns war es Recht.

Der Rest des Abends war eher unspektakulär. Gegessen, Absacker getrunken und zu Bett. Am nächsten Tag wollten wir nach Kristianopel im Kalmarsund. Schlappe 21 sm. Und da der Wind eher später, als früher, für uns günstig seien würde, haben wir Abends noch beschlossen, Morgens ganz ruhig angehen zu lassen, und die Inseln  noch zu erkunden. Da ich ein Fan von Leuchttürmen bin, wollte ich unbedingt noch auf den Leuchtturm. Das hatte uns der Hafenmeister noch am Abend versprochen.

25. Juni 2019

Also sind wir am nächsten Morgen mit dem Ruderboot zur Hauptinsel gerudert und sind auf den Leuchtturm gestiegen. 137 Treppenstufen übrigens. Wir wurden mit einer fantastischen Aussicht belohnt.

Der Wind sollte ab 1300 eigentlich auf SE drehen. Das wäre für uns perfekt, um nach Kristianopel zu segeln. Allerdings kam er zu der Zeit immer noch aus ENE. Egal, dann kreuzen wir halt auf. Das haben wir dann auch zwei Stunden getan, doch dann war er aus. Nix mit drehen auf SE. Und wieder musste der Dieselwind ran um uns die letzen zwei Stunden nach Kristianopel zu bringen.

Auch total nett hier. Aber eher unspektakulär. Was aber wider Erwarten sehr gut war, war das Essen auf dem Campingplatz nebenan. Wir hatten keine Lust, zu kochen und wollten eigentlich im kleinen Kiosk im Hafen Fish and Chips essen. Allerdings war die Küche schon kalt. Wir bekamen den Tipp mit dem Restaurant auf dem Campingplatz. Ohne große Erwartung sind wir dort eingekehrt. Egal, Hauptsache satt. Wir haben uns einfach stumpf zwei Schnitzel bestellt. 15 Minuten später wurde uns das Essen vom Koch persönlich serviert. Als wir die Teller gesehen haben, haben wir das erste Mal gestaunt. Das Essen war drapiert, wie in einem Sterne-Restaurant. Das zweite Mal haben wir gestaunt, als wir probiert haben. Es war super lecker. Kann man mal sehen…

26. Juni 2019

Wir wollten eigentlich heute weiter nach Kalmar. Knappe 30 sm. Allerdings war so gut wie kein Wind angesagt. Und das auch noch von hinten. Morgens war dann auch totale Flaute. Gegen 1100 kam dann die angesagte leichte Brise von 5 – 6 kn. Wir haben hin und her überlegt, uns dann aber entschieden, doch loszufahren. Auf einen Hafentag hatten wir keine Lust. Also los. Rausgefahren und den Gennaker gezogen. Der Wind reichte gerade so, dass er stand und uns mit doch erstaunlichen 2,5 kn lautlos durch den noch spiegelglatten Kalmarsund nach Norden zog. So ganz langsam nahm der Wind dann doch zu. Eine Stunde später war es perfektes Segeln. Wir waren mit guten 6 kn unterwegs. Der Wind nahm nun aber stetig zu. Obwohl das überhaupt nicht angesagt war. Der Grund dafür war schnell gefunden. Über dem Festland bei Kalmar bildete sich eine stetig wachsende Cumulus-Wolke. Und die hat mächtig gesaugt. Ich hoffte nur, dass aus der Cumulus-Wolke kein Cumulu Nimbus wird. Also eine Gewitterwolke. Der Wind war nun mittlerweile auf 20 kn hochgegangen. Die Wellen wurden auch immer größer und Charisma pflügte mit 8 kn durch die See. Meine Hoffnung wurde nicht erfüllt. Es wurde immer dunkler am Horizont. Ein Blick auf das Wetterradar betätigte meine Befürchtung. Es zogen zwei Gewitterfronten direkt auf Kalmar zu. Nach Vorhersage sollte das Spektakel in 1,5 Stunden wieder vorbei sein. Ich wollte auf keinen Fall von einem Gewitter erfasst werden, wenn wir gerade im engen Fahrwasser sind. Dann lieber draußen auf See  abwettern und danach anlegen. Da wir nur noch 8 sm von Kalmar entfernt waren, wollten wir Fahrt aus dem Boot nehmen. Also haben wir den Gennaker geborgen und die Fock ein bisschen ausgerollt. So, dass wir nur noch mit knappen 5 kn unterwegs waren. Beim Bergen des Gennakers ist mir dann noch ein Missgeschickt passiert und wir haben eine Schot an das Meer verloren. Verdammt!!!

Aber unser Plan ist glücklicherweise aufgegangen. Die erste Gewitterfront ist vor uns durchgegangen und die zweite knapp hinter uns. Von der zweiten haben wir nur kurz Starkregen abbekommen, aber keine Böenwalze. Puh, Glück gehabt.

Wir sind dann bei wieder schönstem Sonnenschein in Kalmar eingelaufen und haben neben einer deutschen Yacht festgemacht. Die Nachbarn haben uns noch die Leinen angenommen. Als ich die Stimme der Frau hörte, kam diese mir seltsam bekannt vor. Ich konnte sie aber nicht zuordnen und war ohnehin noch mit dem Anlegemanöver beschäftigt. Als wir dann fest waren und unser Anlegebier tranken, fragte mich die Frau, ob ich Andi sei? Jup, der bin ich. Dann sagte sie, dass wir uns kennen würden. Sie hätten uns letztes Jahr in Lundeborg auf den letzten verbliebenen Platz im Hafen aufmerksam gemacht.

Lundeborg hatten wir letztes Jahr als Schutzhafen vor einem nahenden Unwetter angesteuert. So, wie viele andere auch. Dementsprechend voll war der  Hafen dann eben auch.

Und da hat es dann klick gemacht. Klar, es sind Marlene und Joachim mit Ihrer Najad 370 aus Neustadt. Das ist ja witzig. Wir wurden von den beiden nach dem Essen auf ein Glas Wein eingeladen. Genauso, wie ihre anderen Nachbarn, Horst und Waltraud aus Flensburg. Es war ein super netter und lustiger Abend.