Dragesviken – Mariehamn

August 6, 2019 8 Von andi

27. Juli 2019

Es war morgens beim Kaffeetrinken schon so heiß, dass wir gleich mal wieder in’s Wasser springen mussten. Da an diesem Tag eh kein Wind angesagt war und es uns in Dragesviken so gut gefallen hat, hatten wir beschlossen, noch einen Tag länger hier zu bleiben. Es ist schon ein ziemliches Privileg, so viel Zeit zu haben, dass man einfach irgendwo länger bleibt, als geplant. Der Tag plätscherte so dahin mit Lesen, Bericht schreiben, baden oder mit dem Dinghi die Gegend zu erkunden. Womit es allerdings vorbei war, war mit der Idylle. Denn es war Samstag und im 30-Sekunden-Takt liefen die Motorboote in die Bucht. Wir haben ja festgestellt, dass Finnland eine Motorbootfahrer-Nation ist. Selbst die, die ein Segelboot besitzen, fahren oft bei schönstem Segelwetter mit Motor. Motorbootfahrer hassen Wellen. Und da es in den Schären davon keine gibt, ist diese Gegend auch ideal für Motorboote. Macht bestimmt auch Spaß, mit Fullspeed durch die Schären zu brettern. Würde ich auch machen. Aber, da die Dinger nun mal Sprit brauchen und Dragesviken eine Tankstelle hat, kamen die zu Hauf zum Tanken. Jedes Mal, wenn wieder so eine Motorbratze reingefahren kam, schaukelten alle Boote im Hafen und zerrten an den Festmacherleinen. Das ging wirklich den ganzen Tag so.

Gegend Abend wurde es jedoch ruhiger und wir hatten beschlossen, in dem kleinen Restaurant, das direkt im Hafen ist, zu Essen. Auch, wenn es teuer ist – zwei Pizzen und vier Bier = 70,- EUR – , aber die Location und der Ausblick waren es wert. Oder?

28. Juli 2019

Morgens wieder das gleiche Spiel. Kaffee trinken, baden. Kaffee trinken, baden. Allerdings war uns heute schöner Wind versprochen, um unser nächstes Ziel zu erreichen. Inkoo. Wir sind zunächst durch sehr enges Fahrwasser gefahren, wo Segeln gar nicht möglich gewesen wäre. So nach ca. 30 Minuten erreichten wir dann etwas freies Wasser, setzten die Segel und freuten uns über die Ruhe an Bord, nachdem der Diesel verstummt war. Schönstes Segeln bei Traumwetter. Allerdings hielt sich der Wind nicht an die Vorhersage und legte sich 2 Stunden später Schlafen. Tja, kannste mal wieder machen nix! Dann musste für die letzten 12 sm wieder der Dieselwind herhalten. Die Sonne brannte vom Himmel und wir haben Schutz im Schatten des Großbaumes gesucht.

Als wir letztendlich in Inkoo eingelaufen sind, haben wir einen recht schönen, aber belebten Liegeplatz gefunden. Belebt deswegen, weil wir quasi in der Hafeneinfahrt lagen und dort reger Motorbootverkehr herrschte. Aber alle, die vorbei kamen, haben uns freundlich gewunken. Toll! Als wir fest waren, war – noch vor dem Anlegebier – die erste Amtshandlung, dass Sonnensegel hochzuziehen. Weil es mittlerweile so heiß war (33 Grad), dass wir nur noch Schatten und Kühle suchten. Normalerweise wären wir ja in’s Wasser gesprungen. Aber das war dort so ekelig und voller Algen, dass wir uns mit einer Dusche auf der Badeplattform begnügt haben. Dass dann allerdings alle 30 Minuten.

Da unser Wasser mal wieder zur Neige ging – davon brauchen wir so ca. vier Liter pro Tag –  mussten wir auch wieder einkaufen. Also machten wir uns mit unseren Rucksäcken und der Ikeatüte- die sieht man übrigens überall – auf den Weg in den 500 Meter entfernten Supermarkt. Als wir dort reinkamen, fühlte es sich an, als ob wir in einen Kühlschrank gingen. Und als wir nach 30 Minuten wieder rauskamen, wie in eine Sauna. Voll bepackt zurück zum Boot und wieder schweißgebadet. Wieder duschen. Nachdem wir alle Vorräte verstaut hatten und wieder im Cockpit saßen, kam plötzlich Wind aus NE auf. Und zwar innerhalb von fünf Minuten von quasi Null auf 25 kn. Und in diesen fünf Minuten sank die Temperatur um 10 Grad. Was für eine Erleichterung. Nach dem Essen haben wir dann noch einige Partien Backgammon gespielt – die Birte übrigens alle samt gewonnen hat –  und sind in die Koje.

29. Juli 2019

Dieser Morgen war deutlich kühler, als die letzten. Es war schon fast kalt. Nur noch 16 Grad. Aber die Sonne schien immer noch und wir sind recht zügig ausgelaufen. Unser heutiges Ziel war Tamisaari. Soll eine sehr schöne und niedliche Kleinstadt sein. 37 sm lagen vor uns und wir haben rechtzeitig um 1000 abgelegt. Zunächst lief auch alles gut. Aber dann wurden die Wege zwischen den Schären immer enger und die Schären samt Wald immer höher. Außerdem mussten wir andauernd den Kurs ändern. Wie auf einem Slalomkurs. Wir waren mal in der Abdeckung, mal kam der Wind von hinten, mal von vorne. Segeln macht da nicht so richtig Spaß. Und ich konnte das erste Mal verstehen, warum da so viele Motorboote rumfahren. Denen ist das nämlich egal. Wir sind dann so ca. 2 Stunden motort, bis wir wieder in etwas flachere Schären mit mehr Platz dazwischen kamen. So, jetzt aber wieder segeln. Aber auch das war für mich nur Arbeit. Alle zwei Minuten hatten wir Winddreher von 30-40 Grad. Und ich habe jedes Mal die Segel nachgetrimmt, nur, um dann festzustellen, dass es wieder nicht passt. Sowas sind wir halt aus unseren Revieren nicht gewohnt. Da fährt man los, trimmt die Segel, und gut ist. Ich war doch schon ein bisschen genervt davon, aber irgendwann habe ich mir einfach keinen Kopf mehr darüber gemacht. Ich habe die Segel auf die Hauptwindrichtung  getrimmt und wenn ein Dreher kam und die Segel entweder zu dicht oder zu offen waren, dann wurden wir halt langsamer. So what? Im nächsten Augenblick waren wir wieder gut unterwegs.

Irgendwann mussten wir nach steuerbord abbiegen und waren mal wieder platt vorm Laken. Keine drei Knoten zeigte die Logge mehr an, aber wir haben es trotzdem total genossen. Lautlos glitten wir zwischen den Schären hindurch. Einfach herrlich. Allerdings zeigte uns der Plotter dann eine Ankunftszeit von 2400 für Tamisaari an. Das ist halt auch wieder so ein Unterschied zu unserem Heimatrevier. 37 sm sind bei uns überhaupt kein Thema. Aber in den engen Schären, wo aufkreuzen vollkommen unmöglich ist – teilweise sind die Fahrwasser mal gerade 50 Meter breit – sind solche Etappen einfach nicht machbar. Gegen 1700 – da hatten wir noch 17 sm vor uns – kamen wir nach einer Biegung an einem kleinen Hafen vorbei. Kurzerhand haben wir unseren Plan, nach Tamisaari zu segeln über Bord geworfen, und haben in Sommarö festgemacht. Nicht sonderlich schön, aber alles, was man braucht ist da. Als wir eingecheckt haben, sagte uns die Hafenmeisterin, wo alles ist (Toiletten, Duschen, Sauna, etc.) Sauna hätten wir machen wollen. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Häfen, war die Sauna hier nicht im Hafengeld enthalten. Schlanke 40,- EUR sollte die Sauna kosten. 40??? Eine Tageskarte in der wirklich schönen Holsten-Therme in Kaltenkirchen kostet 22,- EUR. Wir haben dankend abgelehnt, sind zurück auf’s Boot und haben erst mal wieder lecker gekocht, gespielt und geschlafen.

30. Juli 2019

Wir wären wirklich gerne noch nach Tamisaari gefahren, aber der Wind an diesem Tag kam aus NE und das wäre genau die Richtung gewesen, in die wir hätten fahren müssen. Wie gesagt, aufkreuzen geht dort nicht und unter Motor wollten wir auch nicht fahren. Also haben wir unseren Plan geändert und sind Richtung Hanko aufgebrochen. Hanko ist die südlichste Stadt Finnlands und für uns der Absprunghafen in die Turku-Schären.

Wir konnten sofort Segel setzen und sind zunächst ca. 5 sm mehr oder weniger platt vorm Laken durch anfangs noch enge Schärenfahrwasser gesegelt. Aber dann wurde das Wasser offener und mit Kurs W sind wir dann mit wunderbarem Halbwind Richtung Hanko gesegelt. Irgendwann sahen wir steuerbord voraus ein Boot in unser Fahrwasser einbiegen. Als wir näher kamen, konnten wir erkennen, dass es ein deutsches Boot war. Da die aber nur mit Genua unterwegs waren – warum auch immer? – haben wir sie irgendwann überholt. Die Aldebaran, besetzt mit vier älteren Herren, haben wir dann mit 30 Metern Abstand überholt und einen kurzen Schnack gehalten. Hier oben treffen wir ja kaum noch deutsche Crews. Sie wollten auch nach Hanko und ich hatte gedacht, vielleicht kann man dann ja abends einen deutsch-deutschen Austausch halten. Aber es kam mal wieder anders.

In Hanko gibt es den Stadthafen und einen privaten Yachthafen auf einer kleinen Insel. Im Hafenführer hatten wir schon gelesen, dass der Stadthafen deutlich günstiger, aber oft auch überlaufen ist. Also haben wir uns zunächst für den Stadthafen entschieden und als wir einliefen, schien es auch noch reichlich Platz zu geben. Doch der Eindruck täuschte. Denn an fast allen freien Plätzen hingen Schilder mit „Reserviert“ dran. Doch wir hatten Glück und haben noch einen der wenigen nicht reservierten Plätze bekommen. Nach dem Anlegebier sind wir zum Hafenbüro und haben eingecheckt. Hier war die Sauna wieder inklusive und die haben wir dann auch später in Anspruch genommen. Wir waren nun das erste mal in einer echten finnischen Sauna. Aber es gibt deutliche Unterschiede zu deutschen „finnischen“ Saunen. Denn erstens gibt es in Finnland keine gemischten Saunen – immer Frauen und Männer getrennt – und zweitens gibt es dort auch kein Schild mit dem Hinweis „Kein Schweiß auf’s Holz“. Ich bin natürlich mit meinem zwei Meter langen Saunahandtuch da rein und wurde erst mal von den anwesenden Finnen merkwürdig angeguckt. Genau so merkwürdig habe ich wohl auch geguckt, da die alle auf einem 30×30 cm großen Papiertuch saßen und die Bänke alle schweißnass waren. Irgendwann konnte ich nicht mehr an mir halten und habe meinen Nachbarn gefragt, warum Frauen und Männer getrennt saunieren und warum sie nur auf einem kleinen Papiertuch sitzen würden. Ob das nun darunter liegt, oder in Pnom Penn platzt ein Reissack, läuft ungefähr auf das Gleiche hinaus. Antwort auf beide Fragen: Ist halt so! Ok. Aber dann entwickelte sich doch noch ein nettes Gespräch mit meinem finnischen Sitznachbarn, nachdem er gefragt hatte, wo wir herkommen. Kiel! Da war er auch schon mal.1972 ist er dort in der Soling-Klasse die olympischen Spiele gesegelt. Ach nee, das ist ja interessant. Und dann hat er noch erzählt, dass sie immer in Strande in einer Kneipe waren, die es heute allerdings nicht mehr gibt, und dort hätten sie aus so komischen Gläsern Bier getrunken. An das Wort „Stiefel“ konnte er sich auch noch erinnern. Und da kamen bei mir auch wieder die Erinnerungen hoch, dass wir als Halbstarke auch immer Stiefeltrinken gemacht haben. Lustig. Ich habe mich  noch eine ganze Zeit mit ihm unterhalten und irgendwann erzählte er, dass er in Tamisaari lebt und es dort wirklich sehr schön ist. Tja, dann müssen wir wohl noch mal wiederkommen und dann wirklich nach Tamisaari segeln. Als wir nach dem letzten Saunagang draußen auf der Terrasse mit Blick über den Hafen gesessen haben, sah ich Birte Richtung Boot gehen. Also habe ich mich auch verabschiedet und bin zurück.

 Als ich auf unser Boot ging, sah ich am gegenüberliegenden Steg eine Frau auf ihrem deutschen Boot stehen. Dieses Boot hatte ich kurz bevor wir in die Sauna gegangen sind, noch einlaufen gesehen. Das Boot war deutsch, das  Boot war eine Bavaria und das Boot hieß „Charisma“. Hammer dachte ich, da gehst Du nach der Sauna mal rüber. Na jedenfalls guckte sie so rüber und ich habe einfach ein wenig überschwänglich gewunken und Birte gesagt, wir sollten da gleich mal rüber gehen. Birte meinte nur, bräuchten wir nicht, denn die machten sich gerade mit ihren Rollern auf den Weg. Ach schade! Keine zwei Minuten später standen sie bei uns am Steg. Denn auch sie hatte unseren Namen gelesen. Es waren Elke und Dirk aus Cuxhaven. Wir standen bestimmt 20 Minuten am Steg und dann habe ich sie einfach auf ein Bier eingeladen. Wir saßen noch einige Zeit bei uns im Cockpit, doch dann wollten die beiden zurück, haben uns aber auch noch auf ihr Boot eingeladen. Eine halbe Stunde später sind wir dann rübergedackelt und haben es uns im Salon ihrer Bavaria 42 gemütlichen gemacht. Dort hing ein in Öl gemaltes Bild ihres Bootes. Aber unglaublich detailtreu. Auf die Frage, wer das Bild gemalt hätte, sagte Elke: Ich! Waaaas, Du? Tja, Elke ist eine maritime Malerin und sehr talentiert. Wenn ich mal 800,- EUR über habe, lasse ich von ihr auch ein Bild von Charisma malen. Es war ein sehr netter Abend mit den beiden.

31. Juli 2019

Heute hatten wir einen Hafentag geplant. Morgens hat es zwar noch ein wenig geregnet, aber gegen 1000 schien schon wieder die Sonne. Nach einem gemütlichen Frühstück wollten wir zunächst zum Supermarkt, denn wir mussten mal wieder Proviant bunkern. Das Hafengebiet selbst ist recht hübsch, mit alten und modernen Wohnhäusern mit fantastischem Ausblick. Außerhalb davon wird Hanko allerdings recht schnell ziemlich unattraktiv. Also sind wir zum Supermarkt und direkt wieder zurück. Nachdem wir den Proviant verstaut hatten, sind wir durch den Hafen marschiert, denn wir hatten im hinteren Teil einige sehr hübsche Boote an Land stehen sehen. Klassische Yachten. Ich muss dazu sagen, dass das Hafengebiet in Hanko recht weitläufig ist. Als wir den hinteren Teil des Hafens erreichten, erblickten wir immer mehr dieser schönen Boote. Teils an Land, teils schon im Wasser. Auf einem der im Wasser liegenden Boote hörten wir deutsche Stimmen. Also sagte ich einfach mal „Moin“! Große Augen guckten uns an und dann kam die Berliner Antwort: „Ja, kann man so sagen!“ Kurz geschnackt und mit der Info, dass übermorgen die Weltmeisterschaft der 6er in Hanko ausgetragen wird, haben wir uns wieder verabschiedet. 6er sind kleine 12er, aber genauso schön. Aber seht selbst…

Im Hafenrestaurant haben wir uns dann noch ein Bier genehmigt und ich war mal wieder davon beeindruckt, wie die Finnen ihre Gebäude in die Landschaft integrieren. Da wird nicht ein Fels weggesprengt oder mit dem Presslufthammer abgetragen. Nein, es wird das Gebäude in und um den Fels herum gebaut. Echt klasse!

Der Rest des Abends ging mit Kochen und Spielen zu Ende. Für den nächsten Tag hatten wir einen 22 sm Trip zur Schäre Vänö geplant. Wir haben ja sehr viel Literatur an Bord. Seekarten für alle unsere Fahrtgebiete, Hafenführer, ein Buch über Aland-Inseln, ein Buch über Buchten, Schären und Ankerplätze in Schweden usw. Worüber wir allerdings nichts haben – und da gibt es auch so gut wie nichts – ist über die Turku-Schären, die westlich und nördlich von Hanko beginnen. Allerdings sind alle Häfen auf dem Plotter markiert. Es ist nur ein Symbol ohne jegliche Information dazu. Es kann ein Hafen mit allem drum und dran sein, kann aber auch nur ein Steg ohne irgendwas sein.

Birte hatte sich Vänö rausgesucht. 22 sm und vom Wind passte es auch gut. Ich habe mal im Internet versucht, irgendwelche Infos zu dieser Schäre zu bekommen. Aber das einzige, auf das ich gestoßen bin, war ein Blogeintrag eines anderen Bootes, die schon mal da waren. Nachdem ich das gelesen hatte, hatten wir keine großen Erwartungen. Ein einsamer Steg. Zwar mit Stromanschluss, aber sonst nix. Nicht mal einen Hafenmeister gibt es dort. Nur eine Preistafel und einen Briefkasten, in den man seine Hafengebühr schmeißt. Auf Vertrauensbasis. So sind die Skandinavier halt und dafür mag ich sie auch so. Die Preistafel sieht übrigens folgendermaßen aus: 1 Nacht ohne Strom = 10,- EUR, 1 Nacht mit Strom = 12,- EUR. Bootsgröße egal. So geht’s auch!

01. August 2019

Wir sind zeitig aufgestanden, um den guten Wind, der nachmittags abnehmen sollte, zu nutzen, um nach Vänö zu seglen. War auch wirklich schönes Segeln. Zwar meist wieder platt vorm Laken, aber es war nicht weit und wir waren ja auch nicht in Eile. Als wir auf den Hafen zufuhren, konnte ich es zuerst nicht glauben. Ich hatte erwartet, dass wir dort alleine sind. Aber nein, da lagen bestimmt schon 15 andere Boote. Als wir fest waren, haben wir einen kurzen Erkundungsrundgang gemacht und siehe da, es ist wunderschön. Mit einem kleinen Laden, der sogar noch ein hübsches Restaurant betreibt. Es gibt natürlich eine Sauna und sogar einen Sandstrand. Hübsche Wiesen, Schafe und mittendrin ein Plumpsklo. Sogar mit neue verpackter Klopapierrolle.

Nach dem Studieren der Wind- und Wettervorhersage, die für den nächsten Tag sonniges Wetter und Westwind ansagte, haben wir spontan entschieden, den nächsten Tag noch dort zu bleiben.

02. August 2019

Birte hat lange geschlafen, ich konnte aber irgendwie nicht mehr. Also saß ich schon recht früh mit Kaffee im Cockpit. Und habe gefroren. Denn wir lagen mit dem Bug gen Osten, da am Tag davor alle anderen Plätze belegt waren. Morgens bei Westwind ist dann Wind im Cockpit und Schatten. Auf der anderen Seite wäre es Sonne und Windschatten. Als Birte eine Stunde später sich auch mal aus dem Bett geschält hatte und schon einige Plätze auf der anderen Seite frei waren, haben wir uns kurzerhand verholt. Nun hatten wir Sonne und Windschatten hinter der Sprayhood. Und zack, gleich 20 Grad wärmer. Danach haben wir erst gefrühstückt. Und dann kamen sogar schon wieder die ersten Boote in den Hafen. Die Finnen sind immer früh unterwegs aber meistens schon mittags wieder im Hafen. Das haben wir jetzt schon so oft erlebt, dass die ersten Boote in den Hafen kommen, während wir noch frühstücken.

Der Hafen füllte sich dann auch Stunde für Stunde und wir haben uns das rege Treiben angeguckt. Ich habe mein Buch zu Ende gelesen, Birte hat eine Inselwanderung gemacht und so kleckerte der sonnige Tag dahin. Gegen Abend stand dann ein Ereignis auf dem Plan, dass ich schon Wochen vor mir her geschoben hatte. Haare schneiden. Meine Haare werden ja auch immer dünner und ab einer gewissen Länge sieht das einfach nicht mehr aus. Zu Hause gehe ich ja alle vier Wochen zum Friseur. Und nun waren wir schon fast sieben Wochen unterwegs und ich war vor acht Wochen das letzte Mal beim Friseur. Dafür habe ich eine Haarschneidemaschine mitgenommen und nun war es so weit. Birte sollte mir die Haare schneiden. Gott, war mir mulmig. Aber nützt ja nix, die Dinger müssen kürzer. Also habe ich mich auf die Badeplattform gesetzt und Birte hat die Maschine angesetzt. Das Ergebnis war eher suboptimal – aber kürzer. Die Bilder erspare ich Euch jetzt lieber. Wachsen tut es ja wieder von alleine…

03. August 2019

Heute stand die Schäre Jurmo auf dem Tagesziel. 20 sm westlich von uns, aber bei angesagtem Nordwind gut zu erreichen. Nur, auch darüber hatten wir keine Informationen, außer dem Hafensymbol auf dem Plotter. Da wir so langsam mal wieder unseren Wassertank auffüllen mussten, aber nicht wussten, ob es dort Wasser gibt, habe ich mal wieder die Facebook- Community zu Rate gezogen. Das ist wirklich schön an unserer neuen medialen Welt. Da kamen auch prompt Antworten von anderen Seglern, die schon mal da waren. Jup, da gibt es Wasser.

Seit langem hatten wir uns mal wieder einen Wecker gestellt, damit wir rechtzeitig loskommen, da der Wind gegen Nachmittag deutlich auffrischen sollte. Also haben wir schon um 0800 abgelegt. Aber wir waren bei weitem nicht die Ersten. Wie gesagt, die Finnen sind Frühsegler. Die Sonne schien mal wieder, der Wind war perfekt, aber es war doch ganz schön kalt. 15 Grad sind für Anfang August nun wirklich nicht viel. Aber gut, wo soll bei Nordwind auch schon Wärme herkommen. Aber gegen Kälte kann man ja was tun. Schicht für Schicht. Das Segeln war allerdings ein Traum. Wir sind fast permanent Rumpfgeschwindigkeit gesegelt, das aber quasi ohne Wellen. Und wir waren auf einer Art Autobahn. Denn es war eines der Hauptfahrwasser von den südlichen Aland-Inseln Richtung Turku. Hier kam auch mal wieder Frau Hansen zum Einsatz, die ja in letzter Zeit wenig zu tun hatte. Nicht, dass sie es noch verlernt. Ansonsten hatten wir uns den Schären so organisiert, dass ich navigiert habe und Birte ist gefahren. Aber heute konnten wir uns mal wieder richtig gehen lassen. Als um 1130 Jurmo quer ab war – wie gesagt, wir waren flott unterwegs – war uns noch gar nicht nach Ende des Segeltages. Also haben wir ganz spontan Jurmo im wahrsten Sinne des Wortes links liegen gelassen und sind einfach weiter Richtung Kökar – die südlichste Insel der Alands – gesegelt. Noch mal 22 sm. Aber es war einfach zu schön, um jetzt schon aufzuhören.

Gegen 1500 frischte dann der Wind tatsächlich deutlich auf (20 kn) und außerdem kamen wir jetzt wieder in enge Schärengebiete und mussten auch noch nach NW anluven. Keine Chance mehr. Wind zu stark, kreuzen geht nicht, also Segel runter und Motor an. Aber gut, das war 4 sm vorm Ziel. Von 42 sm. Auf Kökar gibt es fünf Häfen. Wir hatten uns für Karlby entschieden. Zum einen, weil er von Süden her angefahren werden muss. Zum anderen, weil uns die Bilder aus dem Hafenführer so gut gefallen haben. Kökar gehört nämlich zu den Aland-Inseln und darüber hatten wir ja auch wieder Literatur. Während wir auf die Insel zufuhren hat Birte dann die sechste und somit letzte Gastlandflagge unserer Reise gehisst. Die Aland-Inseln gehören zwar territorial zu Finnland, haben aber einen eigenen Status. Und die Amtssprache ist sogar schwedisch.

Das Fahrwasser nach Karlby ist lang und eng aber schön. Noch schöner ist dann Karlby selbst. Die typisch skandinavisch roten Holzhäuser direkt im kleinen Hafen, inklusive Restaurant. Bei der Anfahrt auf die Liegeplätze bekam ich kurz mal Schnappatmung, weil das Lot nur noch 1,6 Meter anzeigte, obwohl 2,0 Meter Tiefe angegeben sind. Ich habe dann den Hebel sofort rückwärts auf den Tisch gelegt und mich auf eine Grundberührung eingestellt. Die kam aber Gott sei Dank nicht. Das Lot wird von dem extremen Bewuchs mit Wasserpflanzen irritiert. Außerdem lagen dort noch weitaus größere Boote, als unser. Mit bestimmt mehr Tiefgang. Und wenn die da reingekommen sind, können wir das auch. Hat auch problemlos geklappt.

Karlby ist wirklich schnuckelig. Wir haben nach dem Anlegebier den Hafenmeister gesucht und zunächst nicht gefunden. Kein Wunder, denn der Hafenmeister ist auch gleichzeitig Pizzabäcker. Als wir ihn dann gefunden hatten, kam das bekannte Prozedere. Toiletten sind da, Duschen da, Sauna da und wenn wir à la Carte essen möchten, sollten wir besser einen Tisch reservieren. Der Hafen war auch doch ziemlich voll. Aber wir hatten uns eigentlich vorgenommen, zu kochen und sind deshalb erst mal zum Laden gegangen. Aber mir ging die ganze Zeit dieser leckere Pizzageruch nicht aus dem Sinn. Ich habe Birte vorgeschlagen, doch nicht zu kochen, sondern Pizza essen zu gehen. Gegenvorschlag von Birte: Vorm Duschen Pizza bestellen, nach dem Duschen abholen und auf dem Boot essen. Akzeptiert! Und genauso haben wir es dann auch gemacht. Und was sollen wir sagen: Es war so ziemlich die leckerste Pizza, die wir je gegessen haben. Falls ihr also mal nach Karlby kommt, lasst Euch zum einen nicht vom Lot irritieren und zweitens geht Pizza essen.

Birte war sehr müde, ist früh in die Koje und ich habe mich nochmal an den Laptop gesetzt und ein wenig geschrieben. Dann war auch für mich Schicht im Schacht.

04. August 2019

Heute stand der Schlag nach Mariehamn auf dem Programm. Eine der bekanntesten Städte der Alands. 39 sm Richtung WNW. Sollte bei Nordwind machbar sein. Wir sind also aus dem engen Fahrwasser motort und dann ist passiert, was nicht passieren DARF! Eine Fahrwassertonne an der falschen Seite passiert und zack, hat es gescheppert. Wir sind mit 5 kn Fahrt auf einen Felsen aufgelaufen. Gott sei Dank fehlten wohl nur 5 cm, denn Charisma hat nur einen Hoppser gemacht und ist danach vollkommen unbeeindruckt weitergefahren.

Aber es war auch gut Wind angesagt, so dass wir, nachdem wir aus dem Fahrwasser in freies Wasser motort waren, gleich in’s 2. Reff gegangen sind. Und das war auch eine gute Entscheidung. Wir mussten zunächst für 10 sm hoch ran und bei 18-20 kn Wind hatten wir genau die richtige Segelwahl getroffen. Charisma verträgt ja nicht viel, weil sie ziemlich hoch getakelt ist. Hier war mal wieder Segeln MIT Welle angesagt, denn es war ziemlich freies Wasser. Aber nach den 10 sm sind wir wieder in die Schärenwelt eingedrungen und da war es mit den Wellen auch schon wieder vorbei. Herrlich! Bis auf die letzten 3 sm, die wir genau nach Nord in das Fahrwasser einbiegen mussten, sind wir fantastisch gesegelt. Obwohl wieder den ganzen Tag die Sonne schien, war es mal wieder nicht sonderlich warm. Wie auch bei Nordwind? Aber besser kühl und sonnig, als warm und regenerisch.

Bei der Anfahrt auf Mariehamn sieht man schon von Weitem die Masten der Viermastbark „Pommern“. Die Pommern ist eines der Schiffe der „Flying-P-Liner“ Flotte und die waren noch segelnde Frachtschiffe. Es existieren noch vier aus dieser Serie. Neben der „Pommern“ noch die ehemalige „Padua“, die heute unter dem Namen „Kruzenstern“ der russischen Marine als Segelschulschiff dient und regelmäßig zur Kieler Woche bei uns einläuft, die „Passat“, die in Travemünde als Museeumsschiff dient und die „Peking“, die lange in New York lag und seit letztem Jahr in Hamburg restauriert wird.

Mariehamn ist ein sehr beliebter Hafen, sowohl bei den Finnen und Schweden, als auch bei Deutschen. In der Hochsaison, die bei den Finnen und Schweden nur den Juli betrifft, ist es hier oft überfüllt. Aber heute, am 04. August, ist hier nicht mehr viel los. Es gab reichlich freie Plätze und noch drei weitere deutsche Boote im Hafen. Einer direkt neben uns und der hat uns auch gleich mal die Leinen angenommen. Aber schnacken war nicht so sein Ding. Ist gleich wieder auf sein Boot zurück. Deutsche sind schon manchmal komisch.

Heute haben wir dann das Kochen von gestern nachgeholt. Mit Bacon ummantelter Ziegenkäse, gegrillt, und dazu schönen Salat, Süßkartoffel und Brot mit Aioli. Boah, wat lecker. Birte hat dann noch kurz die Sauna getestet, die auch hier im Hafengeld inkludiert ist, und ich habe mich mal wieder an den Laptop gesetzt.

An dieser Stelle möchte ich mal meinen Respekt für Menschen, wie Claus Aktoprak, Bastian Hauck, Guido Dwersteg, etc. aussprechen. Ich brauche für so einen Bericht, wie diesen, so ca. 8-10 Stunden. Schreiben, Fotos runterladen, sortieren und für das Web skalieren, Videos schneiden oder hochladen, dann alles in den Blog einfügen und veröffentlichen. Und das ist, im Gegensatz zu dem, was o.g. Personen machen, eher ein Schiss. Da werden 1,5-stündige Videos oder 7-teilige Dokumentationen hergestellt. Ich möchte nicht wissen, wie viel Arbeit das ist, aber auf jeden Fall sind die Filme für die ganze Arbeit viel zu billig.

Danach war der Abend dann auch zu Ende. Morgen wollten wir einen Hafentag einlegen, die Stadt ansehen, Einkaufen und natürlich das Schifffahrtsmuseeum und die „Pommern“ besichtigen.

05. August 2019

Geweckt wurden wir von monotonem Gehämmer. Wir hatten gestern schon bei der Anfahrt eine Baustelle beim Fährterminal gesehen, wo Pfähle in den Boden gerammt werden. Nun war gestern Sonntag und da arbeiten auch die Finnen nicht. Aber heute war Montag. Es war allerdings eine humane Zeit (0900), als sie mit dem Rammen begonnen haben. Lustig war, dass wir nicht nur das Gehämmer durch die Luft gehört haben, sondern auch den Unterwasserschall am Bootsrumpf. So ein komischer Zischlaut. Ganz drollig.

Nach dem Morgenritual –  Kaffee, Kippe und dann Frühstück – sind wir zum Supermarkt. Selter und Milch waren mal wieder alle. Mariehamn ist eine wirklich schöne Stadt. Alles sehr weitläufig angelegt – wir haben kein einziges Hochhaus gesehen – und gepflegt. Nach dem wir das Proviant verstaut hatten, sind wir zum Schifffahrtsmuseeum, direkt neben der „Pommern“. Super toll gemacht. Von der Geschichte Alands über die Handelsschiffahrt bis zum Bootsbau ist alles ausgestellt. Und das mit faszinierenden Modellnachbauten. Danach haben wir dann die „Pommern“ herself besichtigt. Auch sehr beeindruckend. Und seit Neuestem wurde um das Schiff ein Trockendock gebaut. Zum einen kann man nun auch den Rumpf rundherum besichtigen und zum anderen brauchen sie nur das Wasser abpumpen und können Arbeiten am Rumpf durchführen. Gar nicht doof!

Danach haben wir es uns an Bord gemütlich gemacht. Obwohl, so gemütlich war es gar nicht. Denn heute hatten wir Südwind. Den hätten wir gestern gut gebrauchen könne. Aber so ist es halt. Gestern haben wir natürlich mit dem Bug gen Norden angelegt, um Windschutz hinter der Sprayhood zu haben. Heute ballerte dann der über Tag immer stärker werdende Südwind von hinten in’s Cockpit. Und außerdem sollte gegen Abend noch Regen aufkommen. Also haben wir kurzerhand mal wieder umgeparkt und haben auf der anderen Seite des Stegs mit Bug nach Süden wieder festgemacht. Gute Entscheidung. Denn nun hatten wir wieder Windschatten und die Sonne kam langsam rum. Aber auf dem Wetterradar war das kleine Regengebiet, was auf uns zu kam, schon deutlich zu sehen. Deshalb haben wir, als sich die Sonne hinter dem herannahenden Regengebiet verabschiedete schnell die Kuchenbude aufgebaut, gekocht und noch lecker gegessen. Eigentlich wollten wir noch Abwaschen, bevor der Regen kommt, haben es uns aber anders überlegt. Erst in die Sauna, dort den Regen abwettern, und dann Abwaschen. Und genau so haben wir es auch gemacht.

Jetzt sitze ich am Laptop, schreibe diesen Bericht fertig, Birte genießt noch die Abendstimmung im Cockpit – der Regen ist mittlerweile durch – und dann ist auch bald Koje angesagt. Morgen verlassen wir die Alands und machen uns Richtung Schweden auf.